Gute Nachrichten zum Jahresende: Die vierte Ausgabe vom TROPS-Newsletter!
Über einen Fußballer mit Ritterorden, einen Triathlon um die Welt, eine Platzwunde am El Capitan und einen Absturz im Ruhrpott
Liebe*r Abonnent*in von TROPS,
hoffentlich hattest du schöne Feiertage und kannst gerade noch bisschen entspannen. Zum Ende des Jahres habe ich dir (fast) nur positive Geschichten rausgesucht, schließlich ist dieses Jahr schon genug Negatives passiert.
Es geht um einen jungen Fußballer, der sich um Essen für arme Kinder kümmert, um einen Extremsportler, der gerade trotz Corona um die Welt reist, und um eine der besten Kletterinnen der Welt. Außerdem ist noch eine sportliche Krise dabei – und zwar im Ruhrpott. Mehr dazu auch im TROPS-Talk der Ausgabe. ✌️
Doch zunächst habe ich noch eine kurze Bitte: Vor zwei Monaten habe ich TROPS gestartet – und ich will gerne wissen, was ich noch verbessern kann. Daher wäre es super, wenn du an dieser sehr kurzen Umfrage (nur klicken) teilnehmen würdest:
Danke! 🤝
Bist du noch kein*e Abonnent*in? Hier kannst du gratis abonnieren!
1. Ein junger Fußballer fordert Essen für arme Kinder – und telefoniert plötzlich mit dem Premierminister
Das ist Marcus Rashford vor einem Weihnachtsbaum. „Reflecting on what we have achieved this year and the work still to be done“, schrieb er unter das Bild. Und tatsächlich hat Rashford dieses Jahr viel erreicht – mehr, als viele andere Sportler in ihrer ganzen Karriere. Er bekämpft Kinderarmut in England und ist ein gutes Beispiel dafür, wie auch Sportler*innen die Welt ein bisschen besser machen können.
Rashford ist 23 Jahre alt. Er spielt für Manchester United und die englische Nationalmannschaft und ist einer der besten Stürmer Europas.
In England bekommen benachteiligte Schüler*innen in der Schule kostenlose Mahlzeiten. Die Regierung wollte das Programm aber zum Start der Sommerferien beenden.
Rashford sah das nicht ein und schickte einen Brief an alle Abgeordneten. „This is about humanity“, schrieb er und forderte, dass Programm für die 1,3 Millionen Familien in großer Armut weiterlaufen zu lassen. Die Regierung lenkte ein.
Rashford selbst ist in Armut aufgewachsen. Er sagte der BBC, dass er oft hungrig gewesen sei, wenn er sich eigentlich auf die Schule hätte konzentrieren sollen.
Im Herbst wiederholte sich das Ganze: Das Parlament wollte die Essensgutscheine in den Herbstferien nicht mehr ausgeben, Rashford protestierte und startete eine Online-Petition, die Regierung lenkte ein und bewilligte zusätzliche 170 Millionen Pfund (etwa 189 Mio. Euro). Außerdem telefonierte Premier Boris Johnson mit Rashford.
Mittlerweile hat die Queen Rashford mit einem Ritterorden geehrt und die Universität Manchester hat ihm die Ehrendoktorwürde verliehen – als jüngste Person überhaupt. ⚔️
„Despite everything that has happened because of Rashford in 2020, and all the plaudits that have been laid at his feet, we should not lose sight of the simple fact that he should not have had to do any of this. […] Rashford’s job is to score goals for Manchester United, not to force a government to care about poor children. That he has done it says a lot about him – and much about the Britain of 2020.“
➡️ Das schreiben David und Peter Olusoga im Guardian. Den ganzen Artikel dazu, warum Rashford einer der Helden des Jahres 2020 ist, findest du hier.
📖 Und: Rashfords nächstes Ziel ist, Jugendliche fürs Lesen zu begeistern. „Ich habe erst im Alter von 17 Jahren mit dem Lesen begonnen, und es hat meine Einstellung und Mentalität völlig verändert“, sagte er. Jetzt will er mit einem Verlag an Büchern für Kinder arbeiten.
⚽️ Und weil Rashford halt auch so ein krasser Fußballer ist, hier ein kleiner Einblick:
🙏 Danke übrigens an TROPS-Abonnentin Thea, die das Thema für den Newsletter empfohlen hat!
2. Dieser Stuttgarter macht einen Triathlon um die Welt – trotz Corona
Mit Reisen sah es dieses Jahr ja eher nicht so gut aus – außer für Jonas Deichmann. Er ist gerade mittendrin in einem Triathlon um die Welt. Wie geht das gerade trotz Corona? 🚴 🏊🏃
Deichmann kommt aus Stuttgart und ist Extremsportler. Er hält unter anderem den Weltrekord für die schnellste „Solo-Raddurchquerung Südamerikas“.
Im September ist er wieder aufgebrochen. Sein Ziel: Ein Triathlon um die Welt, mit 500 Kilometer Schwimmen, 20.000 Kilometer Radfahren und 5.000 Kilometer Laufen.
In München ist Deichmann gestartet. Von dort ging es schwimmend entlang der Adriaküste und nun ist er mit dem Fahrrad unterwegs zur Pazifikküste Chinas. Er will quer durch die USA laufen und später von Portugal zurück nach München. Ohne Unterbrechung oder ständige Helfer.
Kurz vor Weihnachten hat Deichmann mit der Schwäbischen Zeitung gesprochen. Da war er gerade in Istanbul, beschäftigt damit, sein Fahrrad zu reparieren und sich Einreisegenehmigungen für Russland und China zu organisieren.
Corona erschwert natürlich die Reise, in jedem Land gibt es andere Maßnahmen und Deichmann muss viel stärker im Voraus planen. Außerdem hat er weniger Kontakt zu den Menschen vor Ort.
„Alle Achtung vor dieser Leistung! Ich brauche das alles nicht.“ – Ein Leserkommentar von Peter V. bei der Schwäbischen Zeitung
➡️ Zum ganzen Artikel der Schwäbischen Zeitung über den aktuellen Stand der Reise geht es hier. Außerdem hat der Journalist Emanuel Hege im August ein Porträt über Deichmann (+) geschrieben.
3. Emily Harrington schafft es im Free Climbing auf den El Capitan – und schreibt damit Geschichte
El Capitan ist ein fast 1000 Meter hoher Fels im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien und ein beliebtes Ziel für Leute, die klettern. Im November hat Emily Harrington hier einen Rekord aufgestellt. ⛰
Harrington, 34 Jahre alt, kommt aus den USA und ist eine der besten Free Climberinnen der Welt.
Beim Free Climbing nutzen Athlet*innen nur die Hände und Füße, ein Seil ist lediglich zur Sicherung da.
Im November hat Harrington es geschafft, einen sehr schwierigen Pfad (genannt „Golden Gate“) an die Spitze des Felses in unter 24 Stunden zu klettern – als erste Frau der Welt.
Während bei anderen großartigen Sportereignissen oft ein Publikum dabei ist und in einem Stadion jubelt, ist Harrington in dem Moment des Erfolgs allein. „It was just this really quiet special moment in this magical place“, sagte sie danach.
Für Harrington war es schon der vierte Versuch. Bei einem Versuch zuvor war sie abgestürzt und verletzte sich schwer. Auch dieses Mal stürzte sie, verarztete eine Wunde auf der Stirn aber mit einem Pflaster und machte weiter.
„I just had one of those crazy, out of body, flow state experiences, where you don't really even think and you're just sort of climbing and almost watching myself climb from a distance. It was a pretty magical feeling, actually.“
➡️ Harrington hat jetzt mit dem Journalisten Ben Church von CNN ausführlich über ihren Rekord gesprochen. Zum ganzen lesenswerten Artikel inklusive Bildern von dem Spektakel geht es hier.
📺 Vielleicht ist dir El Capitan schon aus der Doku „Free Solo“ (Oscar 2019) bekannt. Darin wird der Kletterer Alex Honnold begleitet, wie er die Felswand hochklettert. Auch sehr beeindruckend!
4. In Gelsenkirchen geht gerade einiges kaputt – denn beim FC Schalke 04 läuft es nicht
Das ist jetzt eine Geschichte, die erst mal nicht so gut klingt. Sie spielt im Ruhrpott – in Gelsenkirchen. Nirgendwo in Deutschland ist die Armut größer, nirgendwo ist die Lebensqualität geringer. Doch immerhin gibt es hier Schalke 04. Der Fußballklub, mit über 160.000 Mitgliedern einer der größten Vereine der Welt, steckt aber jetzt in einer riesigen Krise.
In der Tabelle ist Schalke Letzter und es sieht so aus, als würde der Verein nach 30 Jahren erstmals wieder absteigen. Seit ein paar Tagen gibt es mal wieder einen neuen Trainer (Christian Gross).
Auch sonst läuft es nicht: Der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies hatte sich 2019 rassistisch geäußert, außerdem kam es in diesem Jahr zu einem großen Corona-Ausbruch in einem seiner Fleischfabriken. Die Fans forderten seinen Rücktritt, im Sommer kam Tönnies dem Wunsch nach.
„Kirche, Parteien, Vereine, das alles spielt hier keine große Rolle mehr. Schalke 04 ist hier das letzte soziale Band, das Schalke noch zusammenhält.“
➡️ Leopold Zaak und Nico Horn sind nach Gelsenkirchen gereist. Sie haben sich umgesehen, mit vielen Fans gesprochen und versucht, herauszufinden: Warum ist Schalkes Absturz eigentlich anders als ein Abstieg eines anderen Vereins? Zum Text bei der FAZ (+) geht es hier.
Der TROPS-Talk ☎️
Leopold war mit mir auf der Deutschen Journalistenschule in München. Er lebt weiterhin dort und hat sich Zeit für TROPS genommen, um über Schalke 04 zu sprechen – und darüber, was trotz allem positiv sein könnte.
Leopold, warum ist die Geschichte über Schalkes Absturz keine, die nur die Fans betrifft?
Die ganze Stadt hat sich auf diesen Fußballverein ausgerichtet. Seit dort kein Bergbau mehr betrieben wird, ist dieser Region nicht mehr viel geblieben. Und wenn nun auch der Fußballverein zerbricht, gibt es nicht mehr viel, worauf die Leute dort stolz sind und was das Leben lebenswert macht.
Welche Rolle spielt der Fußball für Gelsenkirchen?
Der Fußball ist nicht nur in Gelsenkirchen immer auch dafür da, um abzulenken. Er ist eine Flucht aus dem Alltag. Als die Bundesliga während Corona wieder losging, hieß es, das sei doch eine gute Ablenkung, wenn die Menschen zumindest den Fußball wieder hätten. So ist das in Gelsenkirchen seit Jahrzehnten: Der Fußball und auch der sportliche Erfolg, den dieser Verein so lange hatte, waren eine Ablenkung vom Leben in dieser Stadt, die eben die ärmste Stadt Deutschlands ist.
Die Aufgabe ist also, diesen Leuten für 90 Minuten ein kleines Stück Glück zu geben. Man sieht die gleichen Leute, man trifft sich, man trinkt Bier – und wenn es gut läuft, gewinnt Schalke, am besten noch gegen Dortmund. Viel mehr braucht man gar nicht.
Gibt es auch etwas Positives, das du mitgenommen hast?
Das Engagement, das einige Menschen dort bringen, ist schon weit vom Fußball entrückt. Das ist letztlich Sozialarbeit und der Fußball ist eher das Mittel, um auf manche Leute zuzugehen. Meine Hoffnung ist, dass Schalke 04 noch eine Funktion hat, egal in welcher Liga. Denn die Menschen, die Schalke lieben und die wegen Schalke gute Dinge tun, die sind auch noch da, wenn es Schalke nicht mehr gibt.
Lieber Leo, vielen Dank für das Gespräch!
Hier könnt ihr Leopold auf Twitter folgen.📱
Der TROPS-Tipp 💁
Stephanie Baczyk ist seit 2019 Fußball-Kommentatorin bei der Sportschau und für mich eine der besten in diesem Beruf. Außerdem ist sie die erste Frau in diesem Team bei der ARD. Der Fußball ist auch im Journalismus extrem männlich geprägt. Im Podcast „Arsch & Ananas“ spricht Baczyk über ihren Weg in die Fußballstadien, Versprecher und Shitstorms von Fußballfans.
„Ein Fehler wird dir als Frau halt doppelt und dreifach ausgelegt. Da wird dann nicht gedacht: Das ist vielleicht ein Versprecher. Du hast dann halt keine Ahnung, du bist halt blöd, war ja klar, dass das passieren muss.“ – Stephanie Baczyk
➡️ Die Folge gibt es zum Beispiel bei Spotify unter diesem Link.
🍍 Dort findest du auch alle weiteren Folgen des Podcasts „Arsch & Ananas“, in dem sich der Journalist David Joram mit Menschen über ihre Träume unterhält. Er richtet sich eigentlich an Schüler*innen, aber ist auch für Erwachsene sehr hörenswert! 🎧
Das Video der Ausgabe
Letzte Woche hat in Brasilien der Verein Flamengo Rio de Janeiro gegen EC Bahia gespielt – und in der letzten Minute das 4:3-Siegtor geschossen. Was danach geschah: Júlia Arruda filmte ihren 80-jährigen Opa beim Jubeln. Und das Video wurde mittlerweile über 800.000 mal angeschaut. Das spricht zumindest hier für Qualität!
Ich wünsche dir, dass du im neuen Jahr mindestens einmal auch solche Glücksgefühle wie Júlias Opa erleben wirst – bei was auch immer! Sowieso: Ein schönes neues Jahr dir! 🎆
2021 geht es weiter mit TROPS und ich freue mich, wenn du weiterhin liest. Wenn du noch Leute kennst, für die der Newsletter vielleicht auch etwas wäre, leite ihn gerne weiter. Das hilft mir, um noch mehr Leute zu erreichen. 🙏
Vielen Dank und herzlichen Gruß
Laurenz
P.S. Wenn du noch kein*e Abonnent*in bist, kannst du hier abonnieren:
P.P.S. Zur Umfrage, wie ich TROPS besser machen kann, geht es hier: